neue alte liebe

in meinem ohr

tanzt dein lachen

und erzählt vom glück

auf meiner stirn

ruht dein kuss

über frohschweigenden Augen

 

in meiner hand

schmilzt deine haut

wie der winter

auf meinem mund

hängt dein wort

über meinem leuchtenden herz

 

in meinem körper

feiert die liebe

das fest

ihrer auferstehung

Juni

Störche klappern ihr Liebeslied,
während das Glück leise durch die Straßen geht,
sich ab und an auf Bänke setzt,
sich an morsche Pforten lehnt,
in matte Scheiben hineinlinst,
vor alter Frauen Betten steht,
Babys beim Spielen und Krabbeln zusieht,
und bei allem ein bisschen lächelt.

Kurz darauf löscht es der Juniregen,
sodass nur Staub von ihm bleibt,
nichts, als dunkler Staub.
In Stille kam es und stille ging’s,
das Glück aus meinem Dorf.

 


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Im Osten nichts Neues

Im Osten nichts Neues.
Kleine Frau, was nun?
Ungarn: Ein Sommermärchen –
viel Seele, viel Illusion.

Auch im Zug nichts Neues.
Schlaf nur, mein Kind,
wir fahren und ziehen
mit heißem Steppenwind.

Sein zwischen dort
und leben zwischen hier –
gottgegebene Stunden
gleichen brennendem Papier

doch nicht kalte Asche
umsäumt meinen Weg,
sondern funkelnde Gluten
aus gelebtem Glück.

Im Osten nichts Neues.
Alt bleibt die Zeit.
Ungarn: Ein Wintermärchen –
Geträumte Wirklichkeit.

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„Es gibt keinen Weg zum Glück. Glücklichsein ist der Weg.“ – Buddha

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Link zum Bild: hier

Glück

Du, Tochterkind, bist ein Schmetterling,
ein gelb-bunter Schwalbenschwanz,
mitten im Sonnentanz,
den niemand, nur das Licht einfing.

Du, mein Sohn, bist ein Katzenkind,
ein grau-weiß getigertes,
das, denn neugierig ist es,
sucht, woraus alle Dinge sind.

Ihr, meine Kinder, seid mein Firmament
denn ihr habt ein Feuer entfacht
in jener Hoffnungsnacht,
das ewiglich in meiner Seele brennt.

Ein Haus darin zu wohnen und glücklich zu sein

Meine Eltern wollen sich ein Haus kaufen in dem ungarischen Dorf, in dem ich lebe. Ein kleines Sommerhaus soll es sein, dass es ihnen ermöglicht, mehr Zeit mit den Enkeln zu verbringen und sich doch auch unabhängiger und freier zu fühlen. Nach vielen Jahren sind sie es müde, in wohl bequemen, aber doch fremdbleibenden Unterkünften und Ferienhäusern zu übernachten.

Die letzte Woche haben wir uns viele Häuser angeschaut. Da gibt es die alten, die mit ihrem Staub von einer Vergangenheit erzählen, der man unbedingt nachspüren will. Diese Vergangenheit trifft einen, sobald man die quietschende, schwere Holztür öffnet und im Dunkel nach Lichtfetzen sucht. Wenn sich die Augen an die graue Ruhe gewöhnt haben, erkennt man Dinge, die längst vergessen sind: Da hängt eine alte Strickjacke über dem Kochherd in der Küchenecke und dunkle Balken ziehen sich durch die Stubendecken. Da hängen Fotos von schwarz-weißen und rundgesichtigen kleinen Kindern und von einem ernst dreinblickenden, frischvermählten Ehepaar. Da stehen Schlappen (Patschker) in der Veranda, die mit ihren Blumenmusterfliesen Charme und Farbe verbreitet. Da riecht es in alten Ställen nach Mais und Stroh und Lehm und man schließt die Augen und stellt sich vor, wie es stampft darin und leise schmatzt und warm darin ist von all den Tieren. In einem kleinen Kämmerchen stand ein Gitterbett aus längst vergangenen Zeiten, dessen Anblick mich tief berührte und ich mir vorstellte, wer da wohl gelegen hatte und nun schon ein halbes Jahrhundert alt sein musste.

Und da gibt es die anderen Häuser, die, die gut sind oder schlecht, die klein sind oder groß, die aber keine Seele zu haben scheinen oder aber eine, die einem selbst zu fremd ist. Kann denn ein Haus eine Seele haben? Und wenn ja: Was macht seine Seele aus, worin liegt die Seele der eigenen vier Wände?

Zögernd nur entscheiden sich meine Eltern und nur langsam kriecht Freude in unser aller Herz: Sollte es tatsächlich so werden? Sollte es tatsächlich ein Haus geben, hier, nicht weit von meinem eigenen, das ich besuchen und wo ich ihre Gegenwart spüren werde, egal wann ich die Schwelle betrete? Das ich pflegen und hegen will, damit es frisch und schön auf die wartet, die da kommen, uns zu besuchen und ihre Zeit mit uns zu verbringen?

Warum sie zögern? Zuerst war uns das selbst nicht klar. Das graue Haus ist ein gutes Haus mit einer freundlichen, leisen Seele, die sich nur langsam hervorwagt. Vor meinem inneren Auge sehe ich den Lavendel meiner Mutter im Garten blühen. Ich sehe meine Eltern, wie sie sich endlich etwas ausruhen können vom Leben. Und ich sehe meine Kinder dort Ball spielend und lachend im kleinen Garten herumtollen. Woher also dieses Zögern, diese Unsicherheit? Es liegt nicht an dem Geld, das es kosten wird, dieses Haus zu einem Zuhause zu machen. Alles kostet Geld, das ist man gewohnt. Was uns innehalten lässt, ist der Respekt vor der Seele des Hauses. Diese Seele schlummert in seinem Giebel, sie weht durch die Zimmer und schlüpft durch Fensterritzen. Sie wartet hinter Tapeten und Ziegeln. Sie umfängt einen am Tor und kommt mit, Schritt auf Schritt. Sie lauert auf den, der da kommt, in der Hoffnung, erkannt – und geliebt – zu werden.

Ein Hauskauf ist kein Autokauf. Man kauft nicht nur ein Gebäude aus Mauern und Ziegeln. In jedem wohnt ein Stück Vergangenheit derer, die es bauten oder bewohnten. Alle hinterließen ihre Spuren. Und wenn diese nicht mehr sichtbar sind, vereinen sie sich zu dem, was nur manche spüren können: zur weisen Seele eines alten Hauses.

Ich wünsche mir, dass meine Eltern die Seele des grauen Hauses spüren und sich mit ihr verbinden. Dass sie die Geschichte dort weiterschreiben durch ihre Möbel, ihre Farben und ihr Lachen. Dass es Essen und Feste geben wird in dem kleinen Garten hinter der Kirche. Und dass sie den Frieden und das stille Glück finden, dass einem ein solches Haus in meinem ungarischen Dorf gewähren kann.

Alice Munro: „Zu viel Glück“

„Zu viel oder zu wenig – für das Glück gibt es kein Maß, nie trifft man es richtig. Alice Munros Heldeninnen und Helden geht es nicht anders, aber die haben das Zuviel und Zuwenig erlebt: eine Balance, die nur schwer zu finden ist. Auf ihrer Suche macht Alice Munro ihre Leser zu Komplizen dieser spannenden Mission.“

„Ich bewundere Alice Munro. Ich bewundere die Direktheit ihres Erzählens, die Nüchternheit und Einfachheit ihrer Sprache. (…) Was für Geschichten, was für ein Werk!“ Bernhard Schlink, Die Welt

„Am besten man liest alles, was es von Alice Munro gibt.“ Eva Menasse, Die Welt

Die 1931 in Ontario geborene Munro erhielt 2013 den Nobelpreis für Literatur. Ihre Werke sind bis auf eine Ausnahme Erzählungsbände. Eigentlich lese ich lieber lange Romane, aber dieses Buch hat mich schon auf der ersten Seite so gefesselt, dass ich es nicht wieder ablegen konnte. Es ist das erste Buch, dass ich, seit ich Kinder habe, in relativ kurzer Zeit ausgelesen habe. Und das verdanke ich nicht nur dem unglaublich guten und einfachen Erzählungsstil, sondern wohl eher der Tatsache, dass es sich um Geschichten, um freistehende „Märchen für Erwachsene“ handelt. Die erste und die letzte Erzählung in dem Band haben mich so im Bann, dass ich immer wieder nachlese und Stellen suche, die mich besonders berührt haben. Hier ein kleiner Ausschnitt aus der letzten Erzählung: „Zu viel Glück“, die in Europa im 19. Jahrhundert spielt und deren Protagonistin eine russische Mathematikerin (Sofia Kowalewskaja) ist:

„Es gelingt ihr, die Tränen zurückzuhalten, und als der Zug Cannes erreicht, schließt er sie in seine voluminöse, gut geschnittene Bekleidung mit ihrem Geruch nach Männlichkeit – einer Mischung aus Pelztieren und teurem Tabak. Er küsst sie züchtig, fährt aber kurz mit der Zunge über ihre Lippen, zur Erinnerung an private Gelüste.

Sie hat ihn natürlich nicht daran erinnert, dass ihre Arbeit die Theorie der partiellen Differentialgleichungen zum Thema hatte und bereits seit einiger Zeit fertig ist. Sie verbringt die erste Stunde ihrer einsamen Reise so, wie sie meistens die erste Zeit nach dem Abschied von ihm verbringt – mit dem Abwägen der Zeichen von Zuneigung gegen jene der Ungeduld, von Gleichgültigkeit gegen eine gewisse begrenzte Leidenschaft.

„Denk immer daran, wenn ein Mann aus dem Zimmer geht, lässt er alles darin hinter sich“, hat ihre Freundin Marie Mendelson zu ihr gesagt. „Wenn eine Frau hinausgeht, trägt sie alles, was in dem Zimmer geschehen ist, mit sich fort.“

Bewegende Schicksale treffen in Munros Erzählungen aufeinander. In einer ihrer Geschichten berichtet sie von einer jungen Frau, deren streitsüchtiger Ehemann die drei gemeinsamen Kinder umbringt und sie ihn später in der Anstalt besucht.
Ineiner anderen Geschichte geht es um einen jungen Mann, der im Sterben liegt und von mehreren Personen gepflegt wird. Eine davon, die Masseuse des Hauses, will mit ihrer lauten und heiteren Art die ruhige, intelligente Ehefrau ausspannen und es entbrennt ein indirekter Kampf um die Liebe dieses immer schwächeren Mannes. Der zum Schluss nur eine (er-)kennt: Seine Gattin.

Abgründe des menschlichen Denkens und Tuns, gepaart mit Momenten voller Glück und Liebe – das macht die Mischung bei diesem Buch. Ein einfacher, klarer, tieffühlender Stil macht die Geschichten zu aufregenden und nachvollziehbaren Reisen zu den Schicksalen anderer Menschen. Empfehlenswert für die, die gute Geschichten lieben und für die, die das große Glück suchen.


„Am Montag bat Sofia Teresa Gulden, sich um Fufu zu kümmern.
Gegen Abend fühlte sie sich besser, und eine Krankenschwester kam, damit Teresa und Ellen sich ausruhen konnten. In den frühen Morgenstunden wachte Sofia auf. Teresa und Ellen wurden aus dem Schlaf geholt, und sie weckten Fufu, damit das Kind seine Mutter noch einmal lebend sehen konnte. Sofia vermochte nur ganz wenig zu sprechen.
Teresa meinte sie sagen zu hören: „Zu viel Glück.“

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